Alter Steinbruch
Grillplatz, Kletterwand und sogar Tatortkulisse, so kennt man den den Cratzenbacher Steinbruch. Aber dass hier in den 1950er Jahren tatsächlich Schotter und Splitt abgebaut wurden, ist nur noch wenigen geläufig.
Dabei sind die Überreste dieser fast schon industriellen Nutzung im Wald neben dem Steinbruch noch zu finden. Kubische Betongerüste ragen auf. Einige der Betonpfeiler liegen verstreut umher.
Erkennbar ist noch der Verlauf der einstigen Lorenbahn, die zu einer weiteren Abbaustelle im Wald führte. Auch die Fundamente, auf denen der Steinbrecher ruhte, sind noch da. Und dahinter das aus Ziegeln gemauerte, kleine Gebäude, in dem die Sprengmittel gelagert wurden. 1952 pachtete die Firma Küllmar aus Weilmünster den Steinbruch, in dessen Nähe bereits früher Steine für Haus und Mauerbau gebrochen wurden.
Aber das Gestein, das hier zum Vorschein kam, war für diese Zwecke nicht geeignet, dafür aber zum Herstellen von Schotter und Splitt. Mit Presslufthämmern wurden die Bohrer mit Durchmesser von vier Zentimetern zwei Meter tief in den Fels getrieben, berichtete Karl-Heinz Pauli und zeigte einen solchen Bohrer.
Dann wurde Sprengstoff eingefüllt. Bevor gesprengt wurde, ertönte ein Signal und hinterher auch wieder. „Wenn man dann gerade zum Bus wollte, hatte man Pech“, so Pauli, denn die nächst gelegene Bushaltestelle war an der Ziegelhütte. Busse fuhren noch nicht nach Cratzenbach.
„Die Steine flogen über die Chaussee“, wusste er zu erzählen. Die Erschütterungen der Sprengungen seien bis nach Cratzenbach spürbar gewesen, ergänzte Kurt Ziemer. Und der Wald rund um den Steinbruch sei immer ganz weiß vor Staub gewesen. Die großen, los gesprengten Steinbrocken wurden in die Loren geladen und mit einer Seilwinde an den Rand des Steinbruchs hoch gezogen.
Dort wurden sie in den Steinbrecher gekippt, der sie zerkleinerte. Mit verschiedenen Sieben wurden die Korngrößen sortiert und in Silos gefüllt, die nahe der Straße standen. Schotter und Splitt wurden von dort auf Lkws verladen und zum Straßenbau abtransportiert. Wie Pauli erzählte, wurde 1954 ein neuer Steinbrecher benötigt.
Um ihn abzuladen musste der Tieflader, auf dem er heran transportiert wurde, in Cratzenbach vor der Schule wenden. Dabei nahm der Fahrer die Kurve zu eng und der Steinbrecher kippte auf die Straße. Das lenkte natürlich die Kinder in der Schule ab, schmunzelte Pauli, der damals mit 14 Jahren in der achten und damit letzten Klasse war.
Mit Wurfgeschossen versuchte der Lehrer damals die Aufmerksamkeit der Schüler wieder zu erhalten. „Da war ein Loch in der Straße“, berichtete der Zeitzeuge. Mit einem Bagger gelang es den Steinbrecher wieder aufzurichten und er konnte zu seinem Ziel gebracht werden.
Doch der Betrieb des Steinbruchs währte nicht lange 1957 kündigte der damalige Cratzenbacher Bürgermeister Otto Rühl dem Steinbruchbetreiber. Das wollte dieser sich nicht gefallen lassen und verlangte 1 Million D-Mark an Schadenersatz.
Durch die Intervention des Kreises wurde schließlich ein Vergleich geschlossen, der für die Cratzenbacher glimpflich ausging. Der heute 90-jährige Ziemer, damals Gemeindevertreter, hat noch viele Unterlagen über diese Vorgänge zu Hause. Und er berichtete, dass damals mit dem Abraum des Steinbruchs das Cratzenbachtal dort aufgefüllt, der Cratzenbach verrohrt werden sollte.
Die Anfänge davon sind unter dem Parkplatz gegenüber des Steinbruchs noch erkennbar.